Herzinfarkt und Schlaganfall sind nach wie vor die häufigsten Todesursachen und dies häufig schon im mittleren Alter. Doch etliche dieser Fälle wären mit rechtzeitigen und wirksamen Präventionsmaßnahmen vermeidbar. Wie man seine Risiken erkennen und im Griff behalten kann, beantworteten vier Experten aus den Bereichen Kardiologie und Stoffwechselmedizin bei unserer Telefonaktion.
Am Telefon saßen für Sie:
- Dr. med. Peter Bosiljanoff, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nuklearmedizin in einer Gemeinschaftspraxis in München. Schwerpunkte: Prävention und Behandlung von Gefäßerkrankungen, Arteriosklerose, Lipidologie.
- Dr. med. Holger Leitolf, Facharzt für Innere Medizin, Oberarzt in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie sowie Leiter der Lipidambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
- PD Dr. med. Friedhelm Späh, Facharzt für innere Medizin und Kardiologie, Leitender Oberarzt in der Abteilung für Kardiologie des Helios Klinikums Krefeld. Schwerpunkte: Herzkatheterdiagnostik, Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Dr. med. Tobias Wiesner, Facharzt für Innere Medizin, Internist am MVZ Stoffwechselmedizin Leipzig. Schwerpunkte: Diabetologie und Endokrinologie.
Verantwortlich für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Arteriosklerose, auch Arterienverkalkung genannt. Dabei entstehen an den Gefäßwänden Ablagerungen aus Fett und Kalk, die sie dicker und unelastischer werden lassen und den Durchmesser der Arterien verringern. Brechen solche Plaques auf, bildet sich ein Blutgerinnsel – die Ader kann verstopfen, und ein Herzinfarkt oder Schlaganfall eintreten. Als wichtigste Ursachen für die schleichende Verengung der Gefäße gelten Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen, Stress und in erster Linie Störungen im Fettstoffwechsel, hier vor allem erhöhte LDL-Cholesterinwerte. Doch kann man erhöhte Cholesterinwerte beeinflussen oder sind sie eher genetisch bedingt? Dazu erläuterte der Kardiologe Dr. med. Peter Bosiljanoff: „Das individuelle Zusammenwirken von genetischen Faktoren und beeinflussbaren Risiken macht das Ergebnis aus. Es gibt sehr alte Kettenraucher, die bis ins neunte Lebensjahrzehnt keine Komplikationen haben. Das ist aber nicht der Normalfall. Insofern sollte den Risikoeinschätzungen und den daraus abzuleitenden ärztlichen Empfehlungen Folge geleistet werden.“
Bewegen und bewusst ernähren
Zu diesen Empfehlungen gehören der Verzicht auf das Rauchen, das Vermeiden von Übergewicht, eine gesunde Ernährung und vor allem ausreichend Bewegung. Das gilt auch für ältere, gesundheitlich vorbelastete Menschen, so Privatdozent Dr. med. Friedhelm Späh: „Gerade bei über 65-Jährigen führt regelmäßige körperliche Aktivität zu einer beachtlichen Abnahme der Sterblichkeit. Nach und nach verbessert sich die Lebensqualität auf vielfältige Weise.“ Beim Thema Ernährung riet Dr. Späh unter anderem zu einer guten Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren. Diese seien vor allem in Kaltwasserfischen wie Lachs, Makrele und Thunfisch enthalten, aber auch in bestimmten Pflanzenölen wie Soja-, Raps- oder Walnussöl sowie in Brokkoli. Dennoch muss man auf Leckereien wie Butter, Wurst oder Eier nicht komplett verzichten, ergänzt Dr. Bosiljanoff: „Die Ernährung spielt zwar eine wichtige Rolle, ist aber hinsichtlich der Beeinflussbarkeit des LDL-Cholesterinwertes in der Regel nur mit zehn bis 15 Prozent relevant. Ein vernünftiges Maß an derartigen Produkten – aber möglichst in einer fettarmen Variante – ist also erlaubt.“
Erhöhte Cholesterinwerte ernst nehmen
Einig waren sich alle vier Experten, dass erhöhte Cholesterinwerte beobachtet und gegebenenfalls behandelt werden müssen. Ab welchem Wert neben Lebensstilmaßnahmen auch Medikamente erforderlich sind, sei allerdings nicht pauschal festzulegen, sondern risikoabhängig, wie Dr. med. Tobias Wiesner erklärte: „Ein guter Ansprechpartner ist immer der Hausarzt. Er kennt nicht nur die Cholesterinwerte, sondern weiß auch, welche weiteren Erkrankungen vorliegen. Auf dieser Basis kann er den individuellen Zielwert mit dem Patienten festlegen.“
Reichen eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung nicht aus, werden bei erhöhten LDL-Cholesterinwerten in der Regel Statine eingesetzt, welche die körpereigene Cholesterinproduktion hemmen. Dr. med. Holger Leitolf erläuterte: „Die sehr seltenen, aber natürlich möglichen Nebenwirkungen der Statine sind von Patient zu Patient verschieden. Oft kann man durch eine Verringerung der Dosis, einen Wechsel auf ein anderes Statin oder den Einsatz von Kombinationspräparaten eine wirksame Therapie ermöglichen.“ Solche Kombipräparate werden auch eingesetzt, wenn sich durch Statine allein der Cholesterinspiegel nicht weit genug absenken lässt. Dazu Dr. Späh: „Durch die cholesterinsenkenden Statine wird die körpereigene Cholesterinproduktion reduziert. Als Folge nimmt die Cholesterinaufnahme aus dem Darm zu. Hier kann eine Kombitherapie, beispielsweise mit einem sogenannten Cholesterinaufnahmehemmer, ansetzen. Damit gelingt es oftmals, den LDL-Cholesterinspiegel stärker zu senken als mit einem Statin alleine.“ Sind die Cholesterinwerte gut eingestellt, lässt sich das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich senken.
Weitere Informationsquellen für Interessierte
www.lipid-liga.de: Die Website der DGFF e. V. bietet Informationen und Broschüren.
www.cholesterin.msd.de: Informationen, Lehrvideo, Quiz, Vorbeugungstipps, Rezepte u.v.m.
www.assmann-stiftung.de/procam-studie/procam-tests/: Hier findet man einen Test, mit dem sich das Herzinfarktrisiko in den nächsten zehn Jahren berechnen lässt.