Es gibt mehr als 40 Millionen Wohnungen in Deutschland. Ihr Wert summiert sich auf rund 5,7 Billionen Euro. Volkswirtschaftlich bilden sie damit im Privatbereich den größten Vermögenswert. Und auch den meisten Eigentümern ist ihre Wohnung ein kleines Vermögen wert. Umso mehr möchten sie ihren Nachlass frühzeitig geregelt wissen, damit dieser so verteilt wird, wie sie es sich wünschen. Neben dem klassischen Testament ist eine Übertragung zu Lebzeiten zur beliebten Alternative geworden, vor allem wenn es um Immobilien geht. Hierbei wird die eigene Wohnung schon vor dem Tod aufgrund einer Schenkung auf eine gewünschte Person übertragen.
„Dieser Schritt sollte gut überlegt sein, denn er kann kaum rückgängig gemacht werden“, sagt Katrin Keune, Rechtsexpertin der LBS West. Allgemein gilt, Erbschaftsangelegenheiten sind ein heikles und emotionales Thema. „Stellt das Eigenheim den wesentlichen Vermögensgegenstand einer Person dar, bedarf es Fingerspitzengefühls“, so Keune. Aufgrund einer Eigentumsübertragung zu Lebzeiten gehen sowohl das Grundstück als auch das Haus – und alle damit verbundenen Rechte – auf den Beschenkten über. Das kann unterschiedliche Gefühle auslösen: Der Eine meint, nicht mehr „Herr im eigenen Haus“ zu sein, was zu Unwohlsein und Ängsten führen kann. Ein Anderer reagiert beruhigt, weil er seine Immobilie schon vor dem Tod in guten Händen weiß. Wer sich im Vorfeld mit dem Thema auseinander gesetzt hat, kann für sich selber festlegen, ob eine Schenkung für ihn infrage kommt.
Eine Übertragung zu Lebzeiten innerhalb der Familie lohnt sich vor allem, wenn der Wert der Immobilie nahe dem gesetzlichen Freibetrag liegt. Bei Kindern beträgt er zurzeit 400.000 Euro. Nur Werte oberhalb des Freibetrags müssen durch den Beschenkten versteuert werden. Dabei werden alle Zuwendungen aus Schenkungen und Erbschaften innerhalb von 10 Jahren zusammengerechnet. Liegen mehr als 10 Jahre zwischen zwei Ereignissen, steht dem Beschenkten der komplette Freibetrag erneut zu. Möchte man entfernte Verwandte wie Geschwister oder Neffen bedenken, lohnt es sich erst recht, ein Teil des Vermögens mit „warmer Hand“ zu verschenken, da für diese Personengruppen im Erbfall niedrigere Freibeträge gelten.
Eigentümer, die nach der Schenkung ihre Immobilie weiterhin selbst bewohnen möchten, sollten das Thema Hausübertragung mit Vorsicht angehen. „Es ist riskant, sich auf ein bloßes Versprechen zu verlassen, im Haus weiter wohnen zu dürfen. Zur Absicherung gibt es juristische Möglichkeiten, dieses Recht lebenslang im Grundbuch zu verankern“, weiß Katrin Keune. Die gängigsten sind das Wohnrecht und das Nießbrauchrecht. Der Nießbrauch geht insofern über das bloße Wohnrecht hinaus, als dass dem Übertragenden zusätzlich der wirtschaftliche Nutzen zusteht. Die Immobilie kann dann durch die Schenkenden nicht nur bewohnt, sondern auch vermietet werden. Das Haus zu verkaufen oder zu belasten obliegt allerdings nur dem eingetragenen Eigentümer.
Nimmt der Beschenkte einen Kredit auf, gilt besondere Vorsicht. Dient die Immobilie dabei als Sicherheit, verlangen Banken meist, die zu ihren Gunsten geltende Grundschuld im ersten Rang ins Grundbuch einzutragen. „Tritt man dafür mit dem Wohn- oder Nießbrauchrecht zurück, geht man die Gefahr ein, den Anspruch im Falle einer Zwangsversteigerung zu verlieren“, erklärt die Rechtsexpertin der LBS West. „Deshalb sollte einem Rangrücktritt nur dann zugestimmt werden, wenn der Schenkende selber in der Lage ist, die Darlehensrate im Zweifelsfall vorübergehend zu tragen.“
Wenn Eigentümer möchten, dass ihre Immobilie den Nachkommen auch im Pflegefall voll erhalten bleibt, sollten sie frühzeitig über eine Schenkung nachdenken. Das ist vor allem dann wichtig, wenn staatliche Unterstützung zur Finanzierung der Pflege nötig sein könnte. Behörden prüfen vor der Gewährung staatlicher Leistungen grundsätzlich die finanziellen Voraussetzungen des Pflegebedürftigen und beziehen dabei auch die Leistungsfähigkeit seiner Angehörigen ein. So können leibliche Kinder über ihr Einkommen in Anspruch genommen oder Schenkungen, die innerhalb der 10-jährigen Frist liegen, zurückgefordert werden. Beim Nießbrauch kann das Sozialamt darüber hinaus verlangen, den Wohnbereich fremd zu vermieten, wenn man nicht mehr selber im Haus leben kann.
Dieser Artikel wurde schon [wpp_count] mal gelesen.